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musikalische Traditionen

Notenfest

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Was wohl passiert, wenn mer die Seiten von am Liederbuch oder aner Notensammlung zuschlächt? – Die Frooch is aweng so, wie wenn mer si überlecht, obs im Kühlschrank wirklich dunkel wird, wenn die Tür zugeht. Oder, ob die Stofftiere aufm Sofa wohl so richtig die Sau rauslassen, sobald du die Wohnung hinter dir abgsperrt hast, was a Freundin vo mir felsenfest behauptet.

Ich vermut ja immer, dass die Noten sich dann benehma, wie unseraans als Teenager, nachdem die Eltern sich für a Wochenend vertrauensvoll verabschiedet ham. Natürlich ham mirs total krachen lassen! Die Bude war voller mehr oder weniger bekannter Jugendlicher, die Musik is lautstark im ganzen Viertel zu hören gwesn, der Alkohol in Form von Apfelkorn is in Strömen gflossn und des blödeste zwischen Flaschendrehn und Knutschereien im elterlichen Schlafzimmer war des Wissen, dass am Sunntoch Nachmittoch vor dem vage angegebenen Rückkehrzeitpunkt der Eltern mit Putzen und Aufräuma die Buße ansteht.

Die Noten im Liederbuch machens wahrscheinlich grad aso: sie springen quer über die Zeilen, produzieren unglaubliche Klänge und Cluster, indem sie sich zu fünft und zu sechst aufeinanderstürzen, sie reißen sich gegnseitig die Fähnla vom Hals, die Punktierungen fliegn auf an Haufn und die Bindebögn verdrilln sich so inanander, dass ka noch so dünner Staccatopunkt mehr a Chance hat, durchzudringa.

Die Wiederholungszeichen, Fermaten und DalSegnos lassens langsamer oogeh: Sie karteln an zünftign Dreegnaufundno. Und hintn auf der letztn Seitn is traditionell der Treffpunkt vo die Lautstärke-Anweisungen: die Fortes, Pianos und Mezzofortes ham dort a Selbsthilfegruppn gegründet, in der sie sich gegnseitig über andauernde Nichtbeachtung hinwegtrösten. Die Pausen ham sich auch zammgfunden, sie produziern gemeinsam a gigantisches Meer vo Stille, in des sich bloß hin und widder a klanne unerfahrene Vorschlagnotn verirrt.

Schlägst du die Seitn von dem Notenheft auf, merkst du natürlich nix von alledem, denn ruckzuck sin alle auf ihre angstammtn Plätz zurückgsprunga. Bloß a Auflösungszeichen hat widder zu langsam gschaut und lehnt ganz druntn an der Seitnzahl, die aa nu aweng wackelich af die Baa is. Nach su an Gelage!!

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Autor: Steffi Zachmeier

Die Nürnbergerin Steffi Zachmeier ist mit den fränkischen Melodien aufgewachsen und seit ihrer Kindheit auf Bühnen zu finden. Mit ihren verschiedenen Musikgruppen setzt sie auf einen unkomplizierten und dennoch stilsicheren Umgang mit fränkischen Traditionen. Die Mitherausgeberin von Notenmaterial und Liederbüchern war über 30 Jahre in den Volksmusiksendungen des Bayerischen Rundfunks als Moderatorin zu hören, mit ihren Texten in Nürnberger Mundart bekommt manche Veranstaltung eine eigene Würze. Von der Bayerischen Musikakademie in Hammelburg wurde Steffi Zachmeier beim Fränkischen Liedermacher-Wettbewerb ausgezeichnet, vom Frankenbund im Jahr 2009 mit dem jährlich vergebenen Kulturpreis und 2016 mit dem Frankenwürfel der drei fränkischen Bezirke.

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