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musikalische Traditionen

6. April 2025
von Steffi Zachmeier
1 Kommentar

Die Mazurka – Nationaltanz, Gesellschaftstanz und Volkstanz

Dieser Text ist erschienen im Programmheft Tanz&FolkFest Rudolstadt des Jahres 2002,1 als die Mazurka der "Tanz des Jahres" war. Ich habe das damals als Vortrag gehalten, einen Workshop angeschlossen und mit Wirtshausmusik im Tanzzelt aufgespielt.2

Mazurka – der Name dieses Tanzes steht nicht nur für den Autor James A. Michener für polnische Kultur schlechthin, nennt er doch seinen polnische Geschichte aufarbeitenden Roman nach ihm,3 sondern wird allgemein mit diesem Land in Verbindung gebracht. Ja, die Mazurka wird sogar als der polnische Nationaltanz schlechthin bezeichnet. Die genaueren Umstände der Entstehung des Tanzes, seine genaue Herkunft liegt jedoch trotz dieser Bedeutung im Dunkeln.

Gesichert zu sein scheint lediglich die pure Tatsache des Ursprungs der Mazurka in Polen und eine Entwicklung aus verschiedenen Tänzen der Landstriche Masowien und Kujawien. ‘Mazur’, ‘Kujawiak’ und ‘Oberek’ sollen seine Ahnen sein, und sowohl aus Volkstanzformen als auch aus daraus im höfischen Tanz stilisierten Formen soll sie sich entwickelt haben.4

Im weiteren Sinn steht der Terminus ‘Mazurka’ ganz allgemein „für Lied- und Tanz­weisen …, denen ein charakteristischer Rhythmus … im dreizeitigen Metrum, zugrunde liegt.“5

Kleine Geschichte der Mazurka

Erstmals außerhalb Polens bei Hof modern wurde das Mazur-Tanzen als Teil einer allgemeinen Polen-Begeisterung unter August III. (1733-1763) in Dresden, nachdem bereits sein Vater August II. den ‘polnischen Geschmack’ gepflegt hatte.6 Dies verwundert nicht, war er doch, wie sein Sohn, als Kurfürst von Sachsen gleichzeitig König von Polen. Die ursprüngliche Solotanzform, die von dort aus in die Welt ging, wandelte sich in den nächsten Jahren allerdings gravierend. In den frühen Beschreibungen tanzen die Paare entweder zeitlich nacheinander ihre jeweils eigene Ausführung oder aber ein vortanzendes Paar wird im folgenden von den mittanzenden Paaren nachgeahmt. „Aus Elementen des polnischen Nationaltanzes Mazur wurde … der Gesellschaftstanz Mazurka, der bald alle europäischen Ballsäle eroberte.“7

Ihre eigentlich große Zeit als Gesellschaftstanz hatte die Mazurka erst etwa hundert Jahre später im sich emanzipierenden Bürgertum Europas. Dort ist die Mazurka schließlich ein der sonstigen Kontretanz- und Cotillonmanier angepasster Tanz, der entweder in Karréeform zu vier Paaren oder in Cotillonform mit einer unterschiedlichen Anzahl von Paaren getanzt wird. Lediglich einige Schritte und Figuren und die Melodien deuten noch auf seine Herkunft hin.

Wo der Funke schließlich zündet, kann wohl heute nicht mehr nachvollzogen werden, doch in den 1820er Jahren verbreitet sich die Kunde von diesem rassigen neuen Tanz wie ein Lauffeuer in Europa und der ganzen ‘westlichen’ Welt. Dazu trug sicher auch die Sympathie für die nationale Freiheitsbestrebung in Polen und die Exilanten – unter anderen Chopin – in Frankreich und Deutschland bei.

Aus London berichtet Fürst Pückler 1827: „Auf dem Ball, dem ich abends beiwohnte, bei der neulich erwähnten Marquise L… sah ich zum erstenmal hier Polonaisen und auch Masurka tanzen, aber sehr schlecht.“8 Und auch in Russland sei der Tanz so beliebt, dass er bis zu zwei Stunden dauern könne, vermeldet ein Reisender im Jahr 1828.9 In Schweden taucht die Mazurka als Gesellschaftstanz in den 40er Jahren des 19. Jhds. auf.10 Dort scheinen polnische Tänze laut Jan Steszewski allerdings schon sehr viel früher heimisch geworden zu sein:

„Spätestens seit Ende des 16. Jh. fanden die polnischen Tänze Eingang in die schwedische Musik, wo sie als zahlreiche polska, polskor u.a. in der schwedischen Volkstradition weiterleben; ihre Ähnlichkeit mit der polnischen Mazurkarhythmik ist unverkennbar.“11

Selbst in den afrikanischen Kolonien macht sich die Mazurka breit. Und auch auf Polen selbst wirkt die europäische Mode zurück, so dass auch dort die Mazurka nun als Quadrilleform getanzt wird.

Natürlich hat sich, wie die anderen Modetänze, auch die Mazurka nicht der Tendenz aus dem bürgerlichen Ball-Repertoire ins Volkstanz-Repertoire entziehen können. In den östlichen Teilen Deutschlands sei die Mazurka im Volk unter dem Namen „Polnisch“ sogar längst vor der um 1840 aufkommenden zweiten Modewelle getanzt worden, berichtet Richard Voß.12 Auch der österreichische Tanzforscher Karl Horak stellt fest, dass polnische Tänze

„in den Volkstanz … vereinzelt … gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein(drangen). Als um das Jahr 1840 die Mazurka in vereinfachter Form – als Polka-Mazurka oder Varsovienne – im Gesellschaftstanz weite Verbreitung gefunden hatte, ist ein stärkeres Absinken in das Volk festzustellen. In den Tanzheften alpenländischer Musikanten tauchen Mazurkaweisen gegen Ende des 19. Jahrhunderts auf.“13

Von Norwegen wird berichtet, dass Paartänze wie Polka und Mazurka die ältere Musik geradezu verdrängt habe. Ebenfalls in Litauen „verbreiteten sich … fremde Tänze wie … Mazurka“ und auch in der Bretagne gilt die Mazurka noch heute als danse récente, also als neuerer Tanz. Ebenso gehört die Mazurka in Korsika offenbar zum Tanzmusik-Repertoire. Grundsätzlich lässt sich sagen, dass Mazurka-Tanzformen als Volkstanz in ganz Europa und darüber hinaus durch die europäischen Einflüsse in Amerika und Afrika verbreitet waren und noch sind.14

Im Repertoire von Volkstanzgruppen und bei Tanzveranstaltungen der Folkszene haben die verschiedenen Mazurka-Formen und ihre Varianten ihren festen Platz. Außerhalb der Volkstanz-Szene wird die Mazurka zumindest im deutschsprachigen Raum aber wohl nirgends mehr getanzt.

Schritte und Figuren der Mazurka und verwandter Tanzformen

Schon in den von Tanzmeistern verfassten Lehrbüchern sind unterschiedlichste Schritte und Figuren der Mazurka zu finden. Im Jahrhundert zwischen ihrer ersten weitläufigen Verbreitung in der feinen Gesellschaft und den 1930/40er Jahren – aus diesem Jahrzehnt stammen die häufigsten volkskundlichen Aufzeichnungen – gelangt die Mazurka und ihre Abkömmlinge zu einer erstaunlichen Formfülle. Polka-Mazurka-Formen, Warschauer- und Tyrolienne-Formen in allen nur erdenklichen Variationen sind aus ganz Europa bekannt. Über ihre Entstehung weiß man allerdings kaum etwas.


Der heute bekannte Mazurka-Schritt hat sich offenbar aus einer einzelnen Figur heraus entwickelt, einem Herumschwenken der Tänzerin nach jeder Tour, der ‘tour sur place’, eine der wichtigsten Figuren, da sie oft am Anfang und/oder Ende einzelner Touren getanzt wurde. Sie wurde auch ‘holubiec’ oder ‘tour boiteux’ genannt. Dabei wurde der ‘pas boiteux’, also ‘Hinkschritt’ verwendet. 1843 wird er so beschrieben:

„Mit der rechten Ferse wird an die linke Ferse geschlagen, darauf der rechte Fuß platt auf die Erde geschlagen, worauf sich sogleich der linke Fuß hebt und auch platt auf die ganze Sohle niederschlägt.“15

Fasst man diese Schrittkombination auftaktig auf – was durchaus nicht abwegig ist – findet sie sich ganz ähnlich beschrieben in Aenne Goldschmidts Standardwerk, hier volltaktig verstanden: “1 gestampfter Schritt vorwärts, links, … den rechten Fuß an den linken heranstellen, … aufhüpfen auf dem rechten Fuß“.16 Hüpfer, Gleitschritte und Fersenschläge – polnisch ‘holubiec’ genannt – machen jedenfalls im Wesentlichen die Schrittkombinationen aus, welche die Mazurka in ihrer Gesellschaftstanz-Zeit kennzeichnen. Und auch in den bekannten Volkstanzvarianten sind dies die charakteristischen Schritte, wobei der Fersenschlag hier zumeist durch Stampf-Schritte und Tupf-Tritte ersetzt wird. Bei den meisten Formen werden dabei die jeweils nicht belasteten Füße nach vorne oder hinten geschwungen, auch der Oberkörper ergänzt die Bewegung zur charakteristischen Gestalt.

Polka-Mazurka

Im Volkstanz wurde offenbar die Mazurka nie in ihrer ‘reinen’ Form, also nur aus aufeinanderfolgenden Mazurkaschritten bestehend, getanzt. Auch als Quadrille oder Cotillon scheint sie im Volk nicht getanzt worden zu sein. Weit verbreitet war stattdessen die viel einfachere Polka-Mazurka, die nach Meinung eines ‘Kenners’ allerdings nichts mehr mit dem eigentlich Mazur zu tun hat:

„Some people again confuse the Polka Mazurka with the Mazur, evidently not knowing that the Polka Mazurka – devised and introduced by the Polish Dancing Master, Markowski, in Paris in 1850 – though it had one or two Polish steps, was altogether a novelty dance, composed on the lines of those artificial dances which appear and die each season, though I must admit that the Polka Mazurka was quite a success in the ballroom, where it was danced for many years.“17

Neben dem erwähnten polnischen Tanzmeister Markowski geistert durch die Literatur als Erfinderin der Polka-Mazurka außerdem eine russische Großfürstin Maria Nikolaewna.

Die Polka-Mazurka besteht eben aus einem Wechsel zwischen Mazurka und Polkaschritten, wobei es sich um je einen, zwei oder drei Schritte handeln kann, also 1 Mazurkaschritt + 1 Polkaschritt oder 2 Mazurkaschritte + 2 Polkaschritte oder 3 Mazurkaschritte + 3 Polkaschritte. Der Polkaschritt, eigentlich ein Wechselschritt, verwischt sich öfter auch in drei gleichberechtigte Einzelschritte, was schlussendlich zu einer Verschleifung zum Ländler führt und die Weiterentwicklung zum Warschauer und zur Tyrolienne erklären könnte.

Warschauer oder Varsovienne

Der Warschauer oder Varsovienne errang etwa in den Jahren 1850-1870 große Beliebtheit18 als Gesellschaftstanz. Er wurde angeblich „durch polnische Damen in den höchsten Kreisen von Paris und von dort aus auch in Deutschland eingeführt.“19 Als Volkstanz bestimmen ihn drei Elemente, die in einer Tanzvariante nicht immer gemeinsam vorkommen müssen.

Zum einen sind dies „mit der Musik genau zusammenfallende(n) Haltepunkte(n) (‘Stillstand’)“,20 während derer tatsächlich keine Bewegung ausgeführt wird und die Melodie eine Pause oder einen langen Ton enthält.

Zweites Kennzeichen sind die „halben Umdrehungen, die er im Gegensatz zur Mazurka mit ihrer Ganzumdrehung aufweist.“21 Nach verschiedenen möglichen Figuren, die zumeist einen Mazurkaschritt enthalten, und der ersten Umdrehung werden in der Regel die gleichen Figuren nocheinmal gegen die Tanzrichtung gerichtet ausgeführt, worauf wieder eine halbe Drehung folgt.

Als drittes Charakteristikum des Warschauers kann statt einer gemeinsamen Drehung ein Seitenwechsel der Tänzerin an die andere Seite des Tänzers vorkommen, so dass die Figur dann in der Wiederholung zwar nicht gegen Tanzrichtung, aber doch seitenverkehrt getanzt werden muss.

„Es gibt offene und geschlossene Formen. Man kann ein-, zwei- und dreischrittige Warschauer voneinander unterscheiden, je nach Anzahl der Mazurka-Schritte, die in einer Warschauer-Figur hintereinander folgen.“22

Tyrolienne

In der Tyrolienne hat die Mazurka mit dem Ländler eine Verbindung eingegangen, die vor allem in den Alpenländern auftritt, wo eine stärkere Ländlertradition als anderswo vorhanden war. Neben Wickelfiguren finden sich vor allem Drehfiguren und Balancers. Die Tyrolienne-Melodien sind denn auch Ländler mit ruhig fließenden Dreiklangsbrechungen, wohingegen den Mazurkamelodien normalerweise neben vielen Punktierungen eigen ist, dass “der 2. Taktteil hervorgehoben wird und dass sie mit zwei betonten Vierteln enden.“23

Die Melodie zum folgenden Liedertext ist mir leider nicht bekannt, doch macht sie möglicherweise Lust darauf, diesen Tanz mit den vielen Gesichtern selbst zu probieren:

Die Mazurka lockt, sie fährt uns in die Glieder;
jeder Bursch´ springt auf und packt sein Lieb ums Mieder.
Tanzen wir, bis alleine weiter wirbeln Rock und Beine.

Unser Vorbild ist der Borislav Schiburka,
wie hat er getanzt als König die Mazurka!
Borislav war schön wie keiner, gut wie keiner, kühn wie keiner.

Borislav ist tot, er ward ins Grab gelegt schon,
die Mazurka weckt ihn auf, dass er sich regt schon.
Streichen werden alle Geigen, er wird aus dem Grabe steigen.

  1. S. 123-126 []
  2. Download des Artikels als .pdf-Datei []
  3. James A. Michener (1984): Mazurka. Roman. München []
  4. Vgl. Heidi Schierer (1994): Die Geschichte der Mazurka als Gesellschafts- und Volkstanz im deutsch-sprachigen Raum und ihre Bedeutung in der fränkischen Volksmusik. Magisterarbeit, Bamberg // Roswitha Busch-Hofer (1993): Die Mazurka im Gesellschaftstanz und im Volkstanz. In: Volksmusik in Bayern, 10. Jg. München, H.1., S.1ff // Aenne Goldschmidt (1970). Handbuch des deutschen Volkstanzes. Systematische Darstellung der gebräuchlichsten deutschen Volkstänze. Textband. Berlin, S.198ff. []
  5. Jan Steszewski (1994-1999), Art. Mazurka. In: MGG, 2. neubearb. Ausgabe. Sachteil 1994-1999, Bd. 5, Sp. 1699-1708, hier 1699 []
  6. Goldschmidt a.a.O. []
  7. Schierer a.a.O., S. 21 []
  8. Hermann Fürst von Pückler (1827): Briefe eines Verstorbenen (Brief von London 7.6.1827). https://gutenberg.spiegel.de/buch/briefe-eines-verstorbenen-4338/25, letzter Aufruf 06.04.2025 []
  9. Schierer a.a.O., S. 26 []
  10. A. Lessourd (1828): Anecdotes d’un voyage en Russie, nach Schierer, a.a.O., S. 26 []
  11. Jan Steszewski, a.a.O., hier Sp. 1700 []
  12. Rudolph Voß (1869): Der Tanz und seine Geschichte: Eine kulturhistorisch-choreographische Studie. Mit einem Lexikon der Tänze, Berlin: Oswald Seehagen, nach Goldschmidt a.a.O., S. 201 []
  13. Karl Horak (1974): Tiroler Volkstanzbuch, Innsbruck: Musikverlag Helbling []
  14. Vgl. diverse Länder-Artikel in MGG, a.a.O. []
  15. Franz Anton Roller (1843/1989): Systematisches Lehrbuch der bildenden Tanzkunst und körperlichen Ausbildung von der Geburt an bis zum vollendeten Wachsthume des Menschen. Reprint der Ausgabe Weimar 1843, hg. von Kurt Petermann, Documenta choreologica 19, Leipzig: Zentralantiquariat der DDR, S. 255ff. []
  16. Goldschmidt, a.a.O., S. 199 []
  17. Edward de Kurylo (1938): All about the Mazur. Teil 1. In: The Dancing Times, London, S. 290-292, hier S. 290 []
  18. Goldschmidt, a.a.O. []
  19. Karl Haselberger (1896): Die Tanzkunst, München: Hugendubel, S. 73. []
  20. Goldschmidt, a.a.O., S.205 []
  21. Goldschmidt, a.a.O., S.205 []
  22. Goldschmidt, a.a.O., S.205, Hervorhebungen im Original []
  23. Karl Horak (1988): Die Mazurka als Volkstanz in Tirol: Referat bei der Studioveranstaltung beim Bundesvolkstanzfest in Innsbruck, Pfingsten 1988, Manuskripte – Beispiele – Referate 30, Ohlstadt; Bruckmühl: Bezirk Oberbayern, S. 4. []

8. Oktober 2024
von Steffi Zachmeier
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Tanzaufzeichnungen in Hetzles

Informationen über Tanzforschung im Franken der letzten 50 Jahre sind zumeist in nur schlecht zugänglichen Publikationen zu finden. Dieser Artikel über Tanzaufzeichnungen in Hetzles ist ursprünglich 1992 in den Fränkischen Volksmusik-Blättern veröffentlicht1 und soll hier wieder verfügbar gemacht werden. Für den Wiederabdruck habe ich ihn etwas in der Form, aber nicht im Inhalt verändert.

Die Aufzeichnung

Im Januar 1990 begann Erwin Zachmeier in Hetzles einen Tanzkurs, den er wegen seiner einsetzenden Krankheit nicht mehr beenden konnte. Schon vorher hatte er dort einen Singabend abgehalten und engere Kontakte geknüpft.

Hetzles liegt ganz in der Nähe des bekannten Trachtendorfes Effeltrich am Rand der fränkischen Schweiz und auch hier tragen die Frauen noch zu besonderen Anlässen ihre farbenfrohen Trachten. Die Hetzler und Hetzlerinnen sind stolz auf ihre Tradition und unter der Federführung von Bürgermeistersgattin Gretl Braun wird neben der Tracht im Winterhalbjahr allmonatlich auch das gemeinsame Singen gepflegt.

Der Tanzkurs sollte nun Anfang 1992 erneut in Angriff genommen werden. Da ich der Meinung bin, dass die Volksmusik- und Volkstanzpflege an die Überlieferungen anknüpfen sollte, wo das möglich und zeitgemäß ist, wollte ich so vorgehen, wie es Erich Sepp im gleichen Zusammenhang einmal formuliert hat:

“Tanzkurse dürfen keinen überregionalen, sie müssen einen örtlichen Charakter erhalten. Um dies zu erreichen, schauen wir zuerst einmal nach, ob an dem betreffenden Ort bereits Aufzeichnungen gemacht wurden. Als zweites versuchen wir, tanzkundige Personen der älteren Generation zu finden, um sie über die örtliche Tanzüberlieferung zu befragen. Die Ergebnisse werden dann direkt in den Kurs eingebracht.”2

In Übereinstimmung mit dieser Bezugnahme auf die regionale Überlieferung fragte ich – eher routinemäßig – beim Vorgespräch, ob denn von früher her noch Tanzformen in Erinnerung seien oder jemand bekannt sei, der oder die Auskunft geben könnte. Gretl Braun, Organisatorin auch dieses kulturellen Ereignisses, konnte! Sie wusste noch eine weitere Informantin und so wurde verabredet, sich eine Stunde vor Beginn des Tanzkurses zu treffen.

Zu zweit (Peter Rötzer begleitete mich und nahm alles auf Videoband auf) kamen wir also am 20. Januar 1992 ins Sportheim nach Hetzles, wo der Tanzkurs stattfinden sollte. Dort trafen wir auf Gretl Braun und Resi Regenfuß, von der ich später – nebenbei bemerkt – auch eine Musikkassette bekam, die sie mit Musik von Schellack-Platten bespielt hatte. Auf die Plattenmusik (!) war vor dem Krieg bei den winterlichen Zusammenkünften in den Wohnstuben getanzt worden.

Da schon beim Vorgespräch die Namen einiger Tänze angesprochen worden waren, wussten wir bereits, womit wir beginnen konnten. Die zwei Frauen versuchten sich also der schon lange nicht mehr getanzten Figuren zu erinnern, wobei Probleme schon deshalb auftauchten, weil die beiden die Männerschritte natürlich nicht so gut im Gedächtnis hatten. Nach ein wenig Probieren kamen dann aber fünf Varianten zu ansonsten bereits bekannten Tänzen heraus: Eine Form des ’Hirtenmadla’, eine Mazurkaform auf die Melodie ’Sechs sedda Bum’, gleich zwei verschiedene Kreuzpolka-Varianten, von den Frauen nach dem Liedanfang ’Sichsters net, do kimmt er’ genannt und außerdem noch eine Rheinländer-Form (’Bolga’). Dazu kamen Informationen zum ’Bauern-’ bzw. ’Bedlmadla’, zum ’Madla von Staa’, zum Schottisch und zum Tanzen ganz allgemein.

Die erfragten Varianten verwendeten wir selbstverständlich im Tanzkurs, zeigten aber auch einige Formen, mit denen die Hetzler und Hetzlerinnen auf den in der Gegend stattfindenden Tanzabenden konfrontiert werden würden. Da wir selbst mit den neuen Formen noch nicht ganz sicher waren, mussten wir immer wieder einmal nachfragen, und fanden auch bei den anderen älteren Teilnehmern und Teilnehmerinnen die Erinnerung an die Tanzformen vor. Auch tauchten während des Kurses noch Probleme auf, die beim Tanzen zu zweit im leeren Saal gar nicht aufgefallen waren, zum Beispiel die Frage nach der Tanzrichtung. Es zeigte sich wieder einmal, dass ein Tanz wirklich erst dann genau gekannt wird, wenn man ihn anderen lehren kann.

Angesichts der Ergebnisse in Hetzles kann ich Tanzkursleiter und -leiterinnen nur auffordern, ähnlich vorzugehen. Natürlich wird das nicht immer möglich sein, verschiedenste Schwierigkeiten können sich ergeben, wie ich in der Vorbereitung zu einem Tanzkurs in Uttenreuth (bei Erlangen) selbst erlebt habe. Dort war zwar bereits der Kontakt zu Gewährspersonen geknüpft worden, ein weiteres Treffen, bei dem die Tänze demonstriert werden sollten, wurde jedoch immer wieder durch Krankheit vereitelt. Auch werden sicher nicht überall so handfeste Ergebnisse wie in Hetzles zu erreichen sein.

Kommt tatsächlich eine Befragung zustande, ist jedoch Vorsicht geboten: Die eigenen Kenntnisse sollten möglichst im Hintergrund gehalten werden. Die Gefahr ist groß, dass die Gewährspersonen die Autorität der Tanzkursleitung höher einstufen als ihr eigenes Wissen und deshalb die eigenen Erinnerungen für ‘falsch’ halten. Nur wenn’s gar nicht mehr weitergeht, kann behutsam weitergeholfen bzw. die eigene Sachkenntnis zum Weiterfragen benutzt werden.

Die Kursleitung sollte auch während des Tanzkurses noch Augen und Ohren offen halten und Varianten, die den Tänzern und Tänzerinnen von früher bekannt sind, in den Kurs mitaufnehmen. Dieses Vorgehen erfordert jedoch auch eine Vorbereitung der Teilnehmenden darauf, dass die gerade gelernte, also ’ihre’ Form nicht die einzige und einzig richtige Tanzform ist, dass sie sogar mit Sicherheit andernorts auf Varianten stoßen werden. Schließlich sind wir mobiler als die Tanzenden vor und gleich nach dem Krieg, was angesichts der wenigen Gelegenheiten diese Tänze zu tanzen sicherlich kein Schaden ist.

Allgemeines

Wie bereits erwähnt, wurde erst während des Tanzkurses, als die Tänze mit mehreren Paaren getanzt werden sollten, die Frage der Tanzrichtung angesprochen. Es stellte sich heraus, dass es in Hetzles nur eine sehr vage Tanzrichtung gab. Anscheinend ging es immer so eng her (wie auf heutigen Tanzflächen meistens auch), dass die Paare eher den Platz, den sie gerade hatten, so gut wie möglich auszunutzen versuchten. Die Paare tanzten anscheinend auf der gesamten Tanzfläche, außen und mittendrin, also nicht im abgezirkelten Kreis. Der Wechselschritt des geschlossenen ’Bolga’ oder der beim ’Bedlmadla’ wurde nicht zur Kreismitte3 oder in eine bestimmte Richtung getanzt. Und wenn in der Tanzbeschreibung der neu aufgezeichneten Bolga-Form dennoch von einem Wechselschritt zur ’Kreismitte’ die Rede ist, handelt es sich dabei eigentlich lediglich um eine Wendung aus der sonstigen Bewegungsrichtung heraus, nicht wirklich um eine Wendung zur Kreismitte. Außerdem war neben der gewöhnlichen Fassung in Hetzles auch die Hüftschulter-Fassung üblich.

Die Rundtänze

Von den Rundtänzen waren Walzer und Zweischrittdreher den Hetzler Frauen zwar bekannt, es ergaben sich aber keine neuen Einsichten. Von der sonstigen Praxis Abweichendes ist vom Schottisch und vom Rheinländer zu berichten. Extra gesagt sei, dass in Hetzles laut Aussage der Informantinnen früher keine Zwiefachen getanzt worden sind. Nach der Karte, die 1955 Franz Krautwurst nach damaligen Erkenntnissen gezeichnet hat,4 war das auch nicht anders zu erwarten. Die ’Zwiefachen-Grenze’ scheint jedenfalls für die Zeit nach der Jahrhundertwende haarscharf östlich von Erlangen anzusetzen zu sein. Ein Fehlen von Zwiefachen bezeugte auch die bereits erwähnte Gewährsfrau für Uttenreuth.

Dennoch haben wir, angesichts des nahen Grenzverlaufs und auf den ausdrücklichen Wunsch der Tanzenden hin, Zwiefache beim Tanzkurs gelehrt. In Anbetracht der Tatsache, dass die Volkstanzpflege gegenüber den früheren Lebensbedingungen der Tänze ohnehin ein völlig verändertes Umfeld vorfindet und trotz Bezugnahme auf regionale Traditionen auch völlig neue Formen und Strukturen vermittelt (wie es schon allein der ‘Tanzabend’ eine ist), bin ich der Meinung, dass es kein Argument gegen Innovationen geben kann. Mit welchem Recht könnte ich den Tanzenden einen bestimmten Tanz verbieten, wenn er sie freut?

Schottisch

Der Schottisch wurde in Hetzles nicht mit fortwährenden Wechselschritten rundherum getanzt, sondern wie in der zweiten Hälfte der Kreuzpolka: zwei Wechselschritte – zweimal Dreherschritte.

Bolga

Neben der bekannten offenen (’Auseinand – wieder zamm’) und geschlossenen Rheinländer-Form kannten die Hetzler Frauen noch eine weitere Variante mit einer Figur, die mir bislang in Franken nur beim Hackschottisch begegnet war: Statt des gemeinsamen Schleifens dreht sich die Dame unter den erhobenen Händen vor dem Herrn her. Bei viel Platz auf der Tanzfläche eine hübsche Abwechslung! Übrigens zuckten die Tanzenden in Hetzles jedesmal zusammen, wenn ich vom ’Rheinländer’ sprach. Bald gewöhnte ich mir an, so wie sie ‘Bolga’ zu sagen.

Melodie beliebig

Tanzbeschreibung:

Aufstellung paarweise. Gewöhnliche Fassung. Die gefassten Hände zeigen zur Kreismitte.

Takt_1Wechselschritt zur Kreismitte mit dem Außenfuß beginnend
Takt_2Wechselschritt nach Kreisaußen mit dem Innenfuß beginnend
Takt_3/4Die Tänzerin dreht sich unter den weiterhin gefassten Händen durch und mit vier Schleifwalzerschritten vorwärts in Tanzrichtung. Der Tänzer folgt ihr mit vier kleinen Schleifwalzerschritten vorwärts, beide mit dem Außenfuß beginnend.

Die Figurentänze

Hirtenmadla

Aenne Goldschmidt zählt das Hirtenmadla in ihrer Systematik zu den Wechselhupftänzen, die wir z.B. in der Form des ’Rutsch hi, rutsch her’ kennen. Sie schreibt:

”Im Typ des Hirtamadl (Süddeutschland) ist der Wechselhupf zu einem wechselseitigen, unbelasteten Tritt nach vorn abgewandelt”.5

Diesen Tritt nach vorn finden wir auch in der Hetzler Form. Im Unterschied zu der bekannten Form, die Kurt Becher im ‘Tanz rüber, tanz nüber‘ beschreibt,6 wird dieser Tritt hier allerdings gleich viermal ausgeführt und zwar je zweimal mit dem gleichen Fuß nacheinander. Zusammen mit der Wiegebewegung ist der Tanz dadurch etwas abwechslungsreicher als die bisher meist getanzte Form. Einen Nachtanz gab es in Hetzles beim Hirtenmadla nicht.

Tanzbeschreibung:

Aufstellung paarweise. Gewöhnliche Fassung, leicht offen, die gefassten Hände zeigen in Tanzrichtung.

Takt_1Außenfuß unbelastet in Tanzrichtung vorstellen und mit der Fußspitze auftupfen. Auf zweites Viertel wieder zurücknehmen
Takt_2Ebenso, anschließend Außenfuß belasten
Takt_3Innenfuß unbelastet in Tanzrichtung vorstellen und i mit der Fußspitze auftupfen. Auf zweites Viertel wieder zurücknehmen
Takt_4Ebenso
Takt_5/6Ganz zueinander wenden. Wiegebewegungen auf Außenfuß (Takt 5) und Innenfuß (Takt 6)
Takt_7/8Zweischrittdreher
Takt_9-12Wdh. von Takt_5-8
Kein Nachtanz!

Sechs sedda Bum

Vom ’Sechs sedda Bum’ finden wir bei Kurt Bechers Aufzeichnungen Nachricht aus Effeltrich, also dem Hetzler Nachbarort. Dort wurde ihm die bekannte Figur gezeigt, in der sich die Tanzenden nach den zwei Mazurkaschritten trennen und umeinander herumgehen.7 Umso erstaunlicher ist es, dass in Hetzles anscheinend ganz anders getanzt wurde: Hier finden wir eine Form, die genau der Melodie (mit dem in Effeltrich nicht vorhandenen Zwischenteil) angepasst ist. Die Nachstellschritte in diesem Zwischenteil können allerdings leicht irritierend wirken, wenn man daran gewöhnt ist, Nachstellschritte mit dem betonten Taktteil zu beginnen.

Tanzbeschreibung:

Aufstellung nebeneinander mit Blick in Tanzrichtung. Rückenkreuzfassung.

Takt_1/2Beide mit dem rechten Fuß beginnend zwei Mazurkaschritte
Takt_3/4Getretener Walzer links- oder rechtsherum (Rückenkreuzfassung bleibt!).
Takt_5-8Wdh. Takt_1-4
Takt_9/10Zwei Nachstellschritte und ein Nachführschritt nach rechts, leicht schräg vorwärts, mit dem rechten Fuß beginnend. Achtung! Die Nachstellschritte richten sich nicht nach der Betonung des Dreiertaktes:
Takt_11/12Zwei Nachstellschritte und ein Nachführschritt nach links leicht schräg vorwärts, mit dem linken Fuß beginnend.
Takt_13-16Wdh. Takt 1-4

Sichsters net, do kimmt er

Von der Kreuzpolka konnten die Hetzler Frauen gleich zwei verschiedene Formen, was nicht verwunderlich ist, schreiben doch sämtliche Tanzforscherinnen und -forscher vom Variantenreichtum dieses Tanzes. Verglichen mit anderen Kreuzpolkaformen ist die erste Form eigentlich recht gemütlich: das Tanzpaar hat keine aufregenden Wendungen und Drehungen durchzuführen, selbst gestampft wird zweimal an der selben Stelle. Die zweite Form ist dagegen ziemlich rasant: bei den Drehfiguren ist Gleichgewicht gefragt. Die zwei Wechselschritte plus Zweischrittdreher im zweiten Teil entsprechen fast dem Schottisch, wie er in Hetzles getanzt wurde (siehe oben).

Die Gewährsfrauen erwähnten, dass die Musikanten auch andere Melodien als die vorgesungene gespielt haben, so dass es sich um eine Trioform gehandelt haben könnte. Wir kennen solche aus etlichen Notenhandschriften8. Auf der schon erwähnten Musikkassette mit den Aufnahmen von Schellackplatten ist eine zweiteilige Kreuzpolka vorhanden, gespielt von einer Musikgruppe mit Namen ‘Aidenbacher Kapelle’.

Tanzbeschreibung:

Erste Variante: Aufstellung paarweise. Gewöhnliche Fassung

Takt_1Ein Wechselschritt in Tanzrichtung, mit dem Außenfuß beginnend
Takt_2Mit dem Innenfuß das Standbein (Außenfuß) überkreuzend zweimal aufstampfen
Takt_3Wechselschritt gegen Tanzrichtung, mit dem Innenfuß beginnend
Takt_4Mit dem Außenfuß den Innenfuß überkreuzend zweimal aufstampfen
Takt_5Wechselschritt in Tanzrichtung, mit Außenfuß beginnend
Takt_6Wechselschritt gegen Tanzrichtung
Takt_7/8Zweischrittdreher
Takt_9-16Wdh von Takt_1-8
Kein Nachtanz!

Zweite Variante: Aufstellung paarweise gegenüber. Innenhandfassung

Takt_1/2Die gefassten Hände geben sich auf das 1. Viertel einen Schwung in Tanzrichtung und lassen los. Die Außenfüße beginnen rückwärts eine ganze Drehung, auf die ersten 3 Viertel je einen Schritt, die Paare stehen sich nach den 3 Schritten wieder gegenüber. Aufs 2. Viertel des 2. Taktes Kreuztupfschritt mit dem Innenfuß in Tanzrichtung über den Außenfuß
Takt_3/4Wie in Takt 1/2 mit dem Innenfuß beginnend, der eben getupft hat, in die andere Richtung drehen und Kreuztupfschritt mit dem Außenfuß. Dabei diesmal keine Hände fassen und keinen Schwung geben
Takt_5Fassung schließen. Wechselschritt in Tanzrichtung mit Außenfuß beginnend
Takt_6Wechselschritt gegen Tanzrichtung
Takt_7/8Zweischrittdreher (mit vier Dreherschritten aber nur eine Umdrehung)
Takt_9-16Wdh. von Takt_1-8
Kein Nachtanz!

Bedlmadla

Das Hetzler ’Bedlmadla’ ist in Franken sonst meist unter dem Namen ’Bauernmadla’ bekannt. Kurt Becher berichtet allerdings bereits von dem Namen ’Bedlmadla’ in Effeltrich.9 Getanzt wurde auch in Hetzles, wie er es beschrieben hat, nur fällt die Wendung beim Wechselschritt zur Kreismitte und nach Kreisaußen weg. Im Rheinländerteil wird, wie sonst auch üblich, Schleifwalzer getanzt. Der Text weicht jedoch von den bekannten Zeilen ab, deshalb ist er unten abgedruckt.

Noten zur Tanzaufzeichnung "Bedlmadla"

Madla vo Staa

Die Tanzform vom ’Madla vo Staa’ ist im wesentlichen diejenige, die wir auch im ‘Tanz rüber, tanz nüber’ finden.10 Wie die Gewährsfrauen berichteten, lupfte der Herr während des ‘Wickelns’ schon einmal ihren Rock, um sich das ’Baa’ anzuschauen. Draufgänger sollen dabei sogar bis zum Knie vorgedrungen sein! Als Nachtanz wurde prinzipiell Walzer getanzt.

Bei der zweiten Variante ist die Form recht unruhig, weil der Herr dann dauernd mit Hinknien und Aufstehen beschäftigt ist.

Tanzbeschreibung:

Erste Variante: Tanzform wie Becher, jedoch lässt sich nur der Herr auf das rechte Knie nieder, die Dame stellt ihren rechten Fuß auf sein linkes Knie.

Zweite Variante: Tanzform wie eben, jedoch wird während der Takte 5-8 und 13-16 Walzer getanzt.

Nachtanz: Walzer

  1. In: Fränkische Volksmusik-Blätter 16 (Nürnberg 1992), Heft 63, 4-17 []
  2. Erich Sepp. Volkstanzpflege aus unserer Sicht. Zielsetzung – Maßnahmen – Probleme – Ausblick. In: Volksmusik in Bayern 4 (1987), 1-4, hier 2 []
  3. Wie es Kurt Riedel für Unterfranken als Besonderheit betont in: Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik Regierungsbezirk Unterfranken. Lieder aus Franken. Heft 8 G’sunge un getanzt. Volkach 1987, 13 []
  4. Franz Krautwurst. Taktwechselnde Volkstänze in Franken. In: Jahrbuch des Österreichischen Volksliedwerkes 4 (1955), 101-107 []
  5. Aenne Goldschmidt. Handbuch des deutschen Volkstanzes. Systematische Darstellung der gebräuchlichsten deutschen Volkstänze. Textband. Berlin 1970, 251 []
  6. Kurt Becher. Tanz rüber, tanz nüber. Eine Auswahl fränkischer Tänze (= Lied, Musik und Tanz in Bayern, 13). München 1976, 36 []
  7. a.a.O, 41f []
  8. z.B. Erwin Zachmeier (Hg). Tafelmeiers Tanzmusik. Zwei Stimmhefte. Nürnberg 1992, Nr. 12, 16 []
  9. a.a.O., 28 []
  10. a.a.O., 43 []

4. August 2024
von Steffi Zachmeier
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Musikalische Überraschung

Des glaub ich etz fast net, was mir grad passiert ist: Ich fahre zum Abholen von einem via Kleinanzeigen geschenkten Trumm. Der Mann, der mich empfängt, etwas älter als ich, spricht schönen Nürnberger Dialekt. Wir tragen gemeinsam das Teil aus seiner Garage raus, ich stelle fest, ich muss meinen Rücksitz umklappen, sonst passts nicht rein. Weil ich grad vom Musizieren komme, ist das Akkordeon dabei und muss vorübergehend raus aus dem Auto.

“Ach, was machen Sie denn für eine Art Musik? … Ach, ich spiel auch Quetschn. … Tun’S mir den Gfallen und spieln’S eins für mich? … Ach, wir spieln eins zusammen!”

So lande ich schließlich in der Küche vom Norbert Sandl und wir musizieren gemeinsam. Mal gibt er die Melodie an und ich begleite, mal machen wirs umgekehrt. Wir sind beide ganz beglückt, dass das so ohne weiteres funktioniert. Nach dem ersten Stück sind wir natürlich per Du.

Er erzählt, dass er im Trachtenverein Moorenbrunn sozialisiert ist und dass aber die Oberkrainer-Musik seine Leidenschaft ist, dass er sein Leben lang viel bei Geburtstagen und Hochzeiten aufgespielt hat.

Nachdem wir CDs ausgetauscht haben und als ich schließlich aus seiner Ausfahrt rausfahre, spielt er mir noch hinterher: “Auf Wiedersehn, auf Wiedersehn, bleib nicht so lange fort…”. Sicher sitzt er jetzt in seiner Küche und wundert sich ebenso wie ich gerade, was das Leben doch für schöne musikalische Überraschungen birgt.