Schon oft haben sich Leute bei Tanzkursen über den Begriff für eine Tanzaufstellung gewundert, die „ Kiekbusch-Fassung ” genannt wird. In der Darstellung von Friedrich Anton Zorn ist zu sehen, was damit gemeint ist.1
Wikipedia beschreibt die Aufstellung so:
„Der Tänzer steht schräg links hinter der Tänzerin. Mit seiner Rechten hält er die rechte Hand der Tänzerin, wobei sein Handgelenk auf der rechten Schulter der Tänzerin ruht, die linken Hände sind seitlich gefasst. Auch gegengleich möglich.”2
Ganz ähnlich heißt es im Kögler-Büchlein mit den Fachausdrücken zum Volkstanz aus den 1970er Jahren zu der “Paarfassung in der Aufstellung seitlich hintereinander”:
„Kiekbuschfassung oder Rheinländerfassung. Der Tänzer faßt mit der gestreckten Rechten die angewinkelte Rechte der Tänzerin über ihrer rechten Schulter, mit seiner angewinkelten Linken ihre seitwärts gestreckte Linke.”3
Eine Rheinländer-Fassung
Aha, es geht um eine Aufstellung zum Rheinländer. Aber was soll das mit dem „Kiekbusch”? Vielleicht hat der oder die ErfinderIn des Begriffs für die Tanzfassung ein Kinderspiel gekannt, zu dem ich in der plattdeutschen Wikipedia einen Hinweis fand. Das Kinderspiel mit Wechselgesang wird dort so beschrieben:
„Dabei stellt sich ein Kind (der Junge) hinter das andere Kind (das Mädchen) und guckt immer wieder einmal über die Schulter und singt ‘Kiekbusch, ich seh dich’. Das vordere Kind guckt dann auch nach hinten und singt ‘dass du mich siehst, das freut mich’.”4
Ob das hier die dazugehörige Melodie ist?
Titanic
Bei uns in Nordbayern ist weder dieses Lied noch ein ähnlicher Tanz bekannt. Und so hatte die Hartensteiner Kirchweihjugend, die ich ein paar Mal für ihren jährlichen großen Auftritt an der Kirwa trainiert habe, eine völlig andere Assoziation: Im Spielfilm “Titanic” von James Cameron gibt es eine einprägsame Szene, in der die Hauptfigur Rose ganz vorne auf dem Schiff steht, die Arme ausbreitet und so den Wind und die Bewegung genießt. Hinter ihr steht ihr Held Jack. Kurzerhand wurde deshalb die Tanzfassung in Hartenstein „Titanic” genannt.
Beim Tanz sind zwar die Arme nicht gestreckt, so wie im Film, sondern gebeugt, und der Herr fasst die Dame nicht an der Taille, doch als Merkhilfe für diesen Fachausdruck finde ich diesen Begriff ganz gut geeignet.
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- Friedrich Anton Zorn und Gustav Engelhardt (ca. 1920): Atlas zur Grammatik der Tanzkunst und Tanzschreibkunst oder Choreographie. Berlin: Eduard Bloch, S. XXV, gespiegelt [↩]
- Wikipedia-Artikel „Kiekbuschfassung”, abgerufen am 14.05.2018 [↩]
- Anonym (1971): Fachausdrücke Volkstanz. Tanzgattungen, allgemeine Begriffe, Aufstellungen, Fassungen, Schritte, Bewegungen, Rundtänze, alphabetisches Verzeichnis. Stuttgart: Kögler, S. 24 [↩]
- Plattdeutsch-Wikipedia-Artikel „Kiekbusch”, abgerufen am 14.05.2018 (Übersetzung S.Z.) [↩]
14. Mai 2018 um 23:52
Beim Scottisch Country Dance ist das die “Allemande hold”, mit der vor allem die Tanzfigur Allemande getanzt wird. Vermutlich stammt die das ursprünglich von höfischen Tänzen ab, bei denen der Herr die Dame so ganz vornehm durch den Tanz geführt hat. Diese Tänze haben sich ja durch reisende Tanzmeister in ganz Europa ausgebreitet, das Landvolk hat es sich dann abgeschaut, vielleicht etwas zünftiger und derber getanzt.
Der Schulterblick ist jedenfalls vom Flirtfaktor kaum zu übertreffen. Der Name Allemande deutet darauf hin, dass die Figur oder Tanzform wohl in Deutschland aufgekommen ist.
In der Grundschule in Hamburg habe ich bei meiner Klassenlehrerin noch ein paar Volkstänze für Kinder gelernt, die ja aber auch wieder von Erwachsenen abgeschaut waren. Leider ist das so lang her, dass ich mich kaum noch erinnere. Aber auch da gab es die Kiekbuschfassung, mit Seitentausch hin und her und Umschalten in die andere Tanzrichtung. Und der Text zum Tanzlied war natürlich in Plattdeutsch. Kieken ist da einfach Gucken, Schauen. Was man ja auch tut – siehe Schulterblick.