Grad bin ich beim Ausmisten und auch die Kiste mit Musik-Kassetten ist jetzt entgültig dran! Ein paar sind ohne weiteres Anhören in den Müll geflogen, einige hab ich aber auch digitalisiert. Hierbei war auch eine MC, die mir mal Freunde mit familärem Vertriebenen-Hintergrund gegeben hatten. Darauf: Erzgebirgler Lieder von Anton Günther, außerdem der Mitschnitt einer Hörfunksendung über Kirwa im Egerland und vier schlesisch gesungene Titel der “drei Nickels”.
Mit diesem Namen konnte ich erstmal gar nichts anfangen. Dankenswerterweise gibts im Internet Leute, wie den Günter Schiemenz, der auf seiner Site Daten über Gesangsgruppen der Fünfziger Jahre zusammenträgt. Dort hab ich sie entdeckt, die 3 Nickels: Den Chef Herbert Langnickel, Edi Köster und Paul Reischmann. Im Stil der 3 Travellers spielten und sangen sie offenbar deutsche Schlager, aber eben auch schlesische Lieder.
Auf meiner MC ist also offenbar eine Kopie der Platte “Heimat, schöne Heimat – Schlesische Volksweisen”. Sie ist 1960 erschienen, wie Günter Schiemenz recherchiert hat. Drauf die vier Lieder “Wenn wer Suntichs ei die Kerche gin”, “Naz-Jusel und Naz-Julian”, “die Draeckschänke” und “das Kanapee”.
Das Lied vom Kanapee hab ich genau so im Ohr von Norbert Weschta, ders des nächtens bei Volksmusik-Fortbildungen für Lehrkräfte gesungen hat. Er wiederum hatte es von seiner schlesischen Großmutter gelernt. Immer wenn ich es höre, krieg ich Lust auf Streuselkuchen. 😉
Michael Zachcial berichtet in seinem Volksliederarchiv, dass “Text und Musik: anonym – vor 1740 mündlich und in Abschriften verbreitet”1 seien. Auch in Franken war und ist es bekannt. Christian Nützel hat eine Version vom Kanapee-Lied im ersten Band seiner oberfränkischen Liedersammlung.2
Weiß vielleicht jemand, woher der singende Korbmacher Gerd Backert aus Michelau seine Version hat? Selbst gemacht oder von wem?
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17. Februar 2022 um 12:14
In meiner Kindheit spielten meine Eltern, beide Sudetendeutsche, öfters die Schallplatte “Schlesische Volksweisen”, mit den Liedern vom “Alten Kanapee” etc. , v. a. an Fasching oder ähnlichen Gelegenheiten. Da wir Kinder mit Heimaterinnerungen regelrecht überschüttet wurden, wollte ich bald von dem ganzen Sudetenland nichts mehr wissen, und wandte mich “anspruchsvoller” Musik zu. Nun leben beide Eltern nicht mehr, ich stehe zu meinen sudetendeutschen Wurzeln und halte das eine oder andere Andenken in Ehren. beim Stöbern in den Weiten des Internets entdeckte ich auf der Seite von Frau Zachmeier die oben erwähnte Platte. Das Anhören des “Alten Kanapees” war eine echte Zeitreise zurück in eine Kindheit mit vielen schönen Erinnerungen.
An dieser Stelle ein herzlicher Dank an Frau Zachmeier für die Bewahrung solcher ethnomusikalischer Kleinodien!
P.S.: Eine weitere Rarität mit Zithermusik ist auf Amazon zu finden: “Schlesische Baudenklänge”.