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musikalische Traditionen

Titelblatt einer Notenausgabe: Lach-Polka von Otto Seifert. Mit der Zeichnung eines Harmonikaspielers

2. Dezember 2023
von Steffi Zachmeier
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Die Lach-Polka

Oskar Seifert als Komponist der Lach-Polka

Dieser Tage ist mir beim Durchblättern eines alten Notenbüchleins1 die Lach-Polka aufgefallen. Als Komponist steht in dem Büchlein zu lesen: O. Seifert.

Ich kenne das Stück – auch als Lach-Schottisch – von verschiedenen Musikgruppen gespielt, hier z.B. vom Niederbayerischen Musikantenstammtisch. Charakteristisch ist, dass die Melodie der ersten zwei Takte im dritten Teil laut gelacht wird.

Meine Neugier war geweckt. Offenbar war dies einer dieser Fälle, die in den letzten Jahren häufig vorgekommen sind: Vermeintlich “echte” “alte” Volksmusikstücke, die aus nicht näher bezeichneter “mündlicher Überlieferung” stammten, konnten Komponisten zugeordnet werden. Sie wurden in älteren Drucken wiedergefunden und damit der Mythos entzaubert.

Das genannte Büchlein liegt mir in verschieden alten Ausgaben vor. In vielen Notennachlässen, die mir in den letzten Jahren angeboten wurden, war es vorhanden, es scheint weit verbreitet gewesen zu sein. Und es gab Ausgaben sowohl für das chromatische Akkordeon als auch für die diatonische Harmonika. Aktuell ist neu nur noch ein zweiter Band bestellbar.2 Den ersten und einen dritten Band gibt es nur noch antiquarisch.

Verlegt ist das Buch beim Apollo-Verlag Paul Lincke. Mit ihm ist Oskar Seifert direkt verbunden, wie aus der Bestandsübersicht des Sächsischen Staatsarchivs Dresden hervorgeht:

"Der Apollo-Verlag Paul Lincke wurde 1901 in Berlin gegründet. Er verlegte v. a. Tanz- und Unterhaltungsmusik sowie Operetten seines Gründers, des Komponisten Paul Lincke. Der Musikverlag Oskar Seifert entstand 1909 in Eppendorf/Sachsen als Spezialverlag für Volksmusik, Akkordeon- und Bandoneon-Literatur. 1939 erwarb das Unternehmen Oskar Seifert & Söhne in Leipzig den Apollo-Verlag. 1947 firmierte das Unternehmen als Apollo-Verlag Paul Lincke, Inhaber: Erich Seifert Bühnen- & Musikverlag, Leipzig. Beide Firmen wurden 1951 unter Treuhandverwaltung gestellt und 1953 im Handelsregister gelöscht."3

Oskar Seifert hat die Lach-Polka nicht erst in dem Sammelband des Apollo-Verlags herausgegeben, sondern bereits vorher im eigenen Verlag. Ich fand die Ausgabe als Nr. 39 von Seifert`s Handharmonika Ausgaben auf einer Antiquariats-Plattform. Leider ist kein Herausgabe-Zeitpunkt angegeben.


Auf Anhieb fand ich keine weiteren Informationen zur Person Oskar Seifert, war jedoch erstmal mit der Quellenlage zufrieden – bis ich auf Youtube diese Lach-Polka fand:

Weiterer möglicher Komponist: Paul Woitschach

Zwar gibt es auf Youtube auch andere Musikstücke mit dem Titel “Lach-Polka”, hier handelt es sich aber definitiv um das selbe Stück. Allerdings ist da nun als Komponist Paul Woitschach, der Chef des Orchesters, genannt. Über ihn fand ich Infos beim HEBU Musikverlag:

"Geburtsdatum: 06.02.1908 Sterbedatum: 25.02.1981 
Woitschach Paul 
*Berlin, 6. Februar 1908, +Berlin, 1981. Nach dem Studium der Musik am Stern'schen Konservatorium in Berlin, 1925 bis 1928, wirkte Woitschach als Theaterkapellmeister in Berlin. 1939, nach dem Tod seines Vaters, Carl Woitschach (*Posen, 29. Februar 1864, +Berlin, 24. Mai 1939; Komponist der Märsche "In Reih' und Glied", 1925, und "Frohe Jugend", 1926) übernahm er dessen populäres Blasorchester. Paul Woitschach gründete 1955 in Berlin einen Musikverlag, in dem er vor allem volkstümliche Unterhaltungsmusik (auch eigener Komposition) veröffentlichte.4

Beim genannten HEBU-Verlag ist auch eine Notenausgabe der “Lach-Polka” für Salonorchester von Paul Woitschach erhältlich.


Der Hinweis auf diesen anderen Komponisten warf nun meine Annahmen wieder völlig über den Haufen und als ich dann noch bei der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik5 eine Schellackplatten-Aufnahme unter dem Titel Nürnberger Lachpolka fand,6 die auf 1908 datiert ist, stand ich entgültig wieder so da wie am Anfang.


Für eine Komposition von Woitschach, der ja in diesem Jahr erst geboren wurde, ist das definitiv zu früh. Seifert wiederum hat seinen Verlag erst ein Jahr später gegründet, es ist wohl nicht davon auszugehen, dass seine Noten so schnell Verbreitung bis nach Nürnberg gefunden haben. Damit ist das Musikstück nun also wohl doch Volksmusik in dem Sinne, dass kein Komponist bekannt ist. Und Musikant:innen können das Stück auch guten Gewissens als “DP” (Domaine public), d.h. gemeinfrei, also auch ohne GEMA-Abgabe spielen. Die Noten dazu finden sich zum Download auf den Seiten des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege und für kleine Blasmusik-Besetzung bzw. großes Blasorchester beim Bezirk Niederbayern.


Update 14.12.2023: Download-Links vom Bezirk Niederbayern ergänzt (Danke für den Hinweis an Roland Pongratz)

  1. O. Seifert et.al. o.J., Bunte Musik. Eine Auswahl Lieder, Tänze, Märsche und Unterhaltungsstücke für Akkordeon. Band 1. Berlin: Apollo-Verlag Paul Lincke []
  2. z.B. https://www.alle-noten.de/Kuenstler/Oskar-Seifert/Bunte-Musik-Band-2.html, zuletzt aufgerufen 02.12.2023 []
  3. https://archiv.sachsen.de/archiv/bestand.jsp?oid=09.22&bestandid=21067&_ptabs=%7B%22%23tab-geschichte%22%3A1%7D#tab-geschichte, zuletzt aufgerufen 02.12.2023 []
  4. https://www.hebu-music.com/de/musiker/paul-woitschach.23662/, zuletzt aufgerufen 02.12.2023 []
  5. legamus – Die Volksmusikdatenbank online (Schellackplatten): https://volksmusik-forschung.de/legamus/audio.html?id=80904, zuletzt aufgerufen 02.12.2023 []
  6. Label: Beka : 12583, Matrize: 12583, Etikett: “Beka-Grand-Record : Nürnberger Lachpolka : Bayrisches Infanterie-Regiment No. 14: Kgl. Obermusikmeister Burow: Nürnberg: No. 12583 []
Kalender mit Terminmerker

16. Oktober 2023
von Steffi Zachmeier
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Volksmusik-Veranstaltungen bewerben

In letzter Zeit häufen sich abgesagte und/oder nicht mehr wiederholte Volksmusik-Veranstaltungen, scheint mir. Es seien öfters einfach nicht genug Anmeldungen bzw. Besucher:innen gekommen, sagen die Verantwortlichen. Ein Grund hierfür könnte sein, dass es sich in Anbetracht des vielfältigen Freizeitangebots und der Informationsflut der Medien schwierig gestaltet, Interessierte anzusprechen. Darüber hinaus ist die Volksmusik-Szene ein überregionales Netzwerk, das nicht allein über eine Zeitungsanzeige erreicht werden kann.

Falls ihr selbst Volksmusik-Veranstaltungen organisiert, sollten natürlich möglichst alle potentiellen Gäste in Kenntnis gesetzt werden. Neben der lokalen Presse, die es zu informieren gilt, gibt es zahlreiche Möglichkeiten Volksmusik-Events in Bayern zu bewerben. Obwohl es mühsam sein kann, verschiedene Plattformen zu nutzen, ist dies ein wichtiger Bestandteil der Pressearbeit.

Für Musik- und Tanzgruppen gehört es natürlich auch dazu eine eigene (jeweils aktualisierte!) Internetpräsenz zu haben. Zusätzlich sind eventuell Instagram-, Facebook-, X-, Youtube- und Fediversum-Accounts eine Möglichkeit mit den Fans in Kontakt zu bleiben. Dazu stehen die Status-Informationen der eigenen (privaten) Messenger-Konten, wie Signal, Telegram, Threema, WhatsApp u.a. für Infos zur Verfügung.

Vielleicht ist für euch die folgende Liste mit Plattformen hilfreich, die ich neben meinen eigenen Social Media-Känalen bediene.

Veranstaltungs-Meldungen könnt ihr schicken an

  • Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik Mittelfranken. Im Online-Veranstaltungskalender werden Termine in Mittelfranken angezeigt. Eigene Meldungen bitte schicken an vorstand@volksmusik-mittelfranken.de. Die werden dann auch ausgespielt in der WhatsApp-Community “Volksmusik Mittelfranken”. Anmeldung dort via QR-Code.
  • Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik Oberfranken. Auch die oberfränkische Arge veröffentlicht Termine auf ihrer Website. Meldungen gehen an die Kontaktdaten.
  • Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik Unterfranken. Beim unterfränkischen Partner-Verein gibt es ebenfalls einen Veranstaltungskalender und die WhatsApp-Community “Volksmusik Unterfranken”: Meldungen werden erbeten an termine@volksmusik-unterfranken.de
  • Bayerischer Rundfunk: Die Termine für Nordbayern werden in der Sendung “Fränkisch vor Sieben” durchgegeben, die von 18-19h auf BRHeimat läuft. Eine Meldung der Volksmusik-Veranstaltungen ist relativ kurzfristig möglich per Kontakt-Formular oder telefonisch (0911-6550-19237).
  • Bezirk Oberpfalz: Der Kalender wird monatlich als .pdf-Datei per Mail versandt und steht im Internet zur Verfügung. Die Termine müssen bis zum 15. des Vormonats an bezirksheimatpflege@bezirk-oberpfalz.de übersandt werden.
  • Boarisch Tanzen: Das Portal für Volkstanztermine verschickt monatlich einen Mail-Newsletter. Die Termine können mit Account selbst eingetragen werden oder über ein Online-Formular.
  • Fränkische Volksmusik Blätter: Die Print-Zeitschrift der drei Arbeitsgemeinschaften Fränkische Volksmusik erscheint vierteljährlich. Die Meldung ist per Post, Telefon (09303-98429-50) oder Mail jeweils ein Monat vor Erscheinen mit diesem Formular möglich.
  • Volxtanz + -musik N/FÜ/ER“: Die Gruppe im Messenger Signal für Veranstaltungs-Meldungen im Großraum (und darüber hinaus) wird von Karin Bümlein mit Informationen gefüttert, die via Mail erreichbar ist.
  • Volxmusik.de: Der Kalender kann in die eigene Website eingebunden werden. Termine eintragen ist jederzeit möglich, dazu muss ein Account angelegt werden.
  • Zeitschrift Zwiefach: Im Internet zugänglich als “Volksmusikkalender“. Termine eintragen ist jederzeit möglich, dazu muss ein Account angelegt werden. Wenn sie vor dem Redaktionsschluss der Print-Ausgabe vorliegen, werden sie auch in der Zeitschrift abgedruckt.

Meine Erfahrung hat gezeigt, dass sich der Aufwand definitiv lohnt. Besucher:innen einzelner Veranstaltungen haben mir häufig bestätigt, dass sie über einen dieser Kanäle davon erfahren haben. Falls ihr selbst noch weitere Möglichkeiten gefunden habt, euere Fans anzusprechen, freue ich mich über einen Tipp.

23. November 2022
von Steffi Zachmeier
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Weihnachts-Buch “Ein Rauschgoldengel plaudert”

Zwei Stapel mit Büchern "Ein Rauschgoldengel plaudert"

Heute hat mich der DPD-Auslieferer noch vor dem ersten Kaffee aus dem morgendlichen Tran aufgeschreckt und mir die Pakete mit meinem Weihnachts-Buch “Ein Rauschgoldengel plaudert” übergeben. Weil ich wiedermal spät dran war, war es knapp, hat aber nun doch noch pünktlich vor den ersten Advents-Veranstaltungen geklappt.

Die ersten Schachteln aus dem Presswerk oder der Druckerei zu öffnen, ist bei eigenen Veröffentlichungen immer ganz besonders spannend: Stimmt das Ergebnis mit den Druckvorlagen überein? Springen mich womöglich gleich Schreibfehler an? Passen die Farben auf dem Cover? Nach dem ersten Reinblättern dann Durchschnaufen: Zum Glück! Es ist alles, wie es geplant war.

Dieses Büchlein enthält Texte, die in den vergangenen Jahren für Adventskonzerte als Trio Califragilis entstanden sind. Mit Franz Josef Schramm und Rosemarie Seitz musiziere ich nun schon eine ganze Weile sowohl auf ihrer eigenen Bühne im Klanghaus Eibelstadt als auch auf anderen Kleinkunstbühnen. Die kleinen mundartlichen Beiträge gehören für das Publikum zu dieser Veranstaltungsform inzwischen dazu. Immer wieder wollten ZuhörerInnen sie auch gerne in schriftlicher Form. Das möchte ich hiermit ermöglichen.

Nur in Manuskriptform lagen bisher auch die Texte von meinem Vater Erwin und meiner Schwester Gisela vor, die sie vor Jahren bei Veranstaltungen unter dem Titel “Fränkische Weihnacht” vorgetragen hatten. Ich finde, es wäre wirklich schade um die netten Erinnerungen des “Gassenbuben” an die Kinderzeit im Nürnberger Stadtteil “Loonhard” (St. Leonhard), wenn sie verloren gingen. Auch die Gedanken meiner Schwester zur Weihnachtsgeschichte hatten immer Interesse geweckt.

So ist hier nun Nachdenkliches, Vergnügliches und zuweilen auch Freches aus zwei Generationen vereint. Und ich wünsche viel Freude daran, wenn dann im Advent mal der Rauschgoldengel plaudert.